Die Compilation Hungarian Noir versammelt zehn brandneue, in vielen Teilen der Welt eingespielte und zwei „klassische“ Versionen dieses gespenstischen Songs. Sie erscheint am Freitag, 13.05.2016 bei Piranha Records im Vertrieb von Indigo.
Als der ungarische Pianist und Komponist Rezsö Seress 1933 Musik und Text von „Szomorú Vasárnap“ – so der „Gloomy -Sunday“-Originaltitel – schrieb, war er todunglücklich über das Ende einer gerade gescheiterten Beziehung. Einheimische Verleger lehnten den Song als zu verzweifelt ab, doch eine schnell hinterhergeschobene Version mit einem weniger hoffnungslosen Text von Laszlo Javor wurde auf Anhieb ein Hit. Und begann nahezu unmittelbar, unschuldige Leben zu fordern.
Erstes Opfer soll die Frau gewesen sein, für die Rezsö Seress „Gloomy Sunday“ geschrieben hatte. Kaum zeichneten sich die ersten Erfolge ab, vergiftete sie sich und hinterließ einen Abschiedsbrief, der aus exakt zwei Worten bestand: „Gloomy Sunday“. Dieser erste Freitod war der Auftakt einer ganzen Welle von Suiziden, die das Budapest der Dreißigerjahre in der Folge erschütterten und Jahrzehnte später nahm sich auch Seress selbst das Leben.
Eine US-amerikanische Zeitung meldete seinerzeit: „die Budapester Polizei [hat] ‚Gloomy Sunday‘ zur öffentlichen Gefahr Nr. 1 ernannt und alle Musiker und Orchester darum gebeten, sie dabei zu unterstützen, seine Aufführung zu unterbinden“. Niemand sei immun, behauptete der Artikel: „Unter den Opfern sind Männer, Frauen und Kinder. Zwei Personen erschossen sich, als Zigeuner die melancholischen Töne auf ihren Violinen spielten. Einige brachten sich um, als sie sie zuhause auf Platten hörten. Zwei Hausmädchen zerschnitten die Wäsche und Bilder ihrer Arbeitgeber und brachten sich um, nachdem sie den Song von den Dinner Parties der Herrschaften in die Dienstbotenflure herüberwehen gehört hatten.“
Gloomy Sunday Original Version
Die Liste der Interpreten von „Gloomy Sunday“ ist lang und reicht von Paul Robeson mit der ersten englischsprachigen Version über Serge Gainsbourg bis zu Björk. Und sie reicht bis in die Gegenwart, wie die in vielen Facetten ganz unterschiedlicher Herkunft schimmernde Veröffentlichung zehn neuer „Gloomy-Sunday“-Versionen z.B. von Kayah, Vocal Sampling, Wazimbo feat. Yolanda, dem Cimbalomduó veranschaulicht. Dazu kommen die legendäre und wahrscheinlich bekannteste Version von Billie Holiday und das ungarische Original von Pál Kalmár.
Aus Anlass der ersten WOMEX auf osteuropäischem Terrain in Budapest 2015 hatte Piranha dazu aufgerufen, Interpretationen des Songs mit eigener Note und eigenem Flair einzureichen – die Briefkästen quollen von Vorschlägen über, eine Jury ausgewiesener musikalischer Abenteurer wählte aus den Einsendungen Stück für Stück die ersten zehn Versionen aus. Man munkelt übrigens, „Gloomy Sunday Vol. II“ wäre bereits in Arbeit – noch mehr Melancholie pur ist also aus dem Hause Piranha durchaus zu erwarten.
Hier der Albumtrailer: