staatsakt. Streaming of a white christmas

Was das von uns durchaus geschätzte Medien-Imperium staatsakt 2015 gefragt oder gelernt hat:

– Während man noch in den Nullerjahren die Nazi-Generation der eigenen Großeltern gerne für zu schwach bis wahnsinnig erklärte, also: „Wie konnte das nur passieren?“, Adolf Hitler, die NSDAP, der Holocaust usw.; so allmählich bekommt man einen Schimmer, wie schnell so ein gesellschaftlicher Gesinnungswechsel nach rechts passieren kann. Und wie fassungslos man teilweise daneben steht. Und wie viel Zivilcourage am Ende nötig ist um dagegen zu halten!

– Man traut Sigmar der Frikadelle Gabriel ja eigentlich kein gutes Think-Tank-Personal an seiner Seite zu, aber wer bei der Anti-TTIP-Demo in Berlin mitgelaufen ist, der konnte miterleben, wie clever diese Demonstration, und das wo für sie im Kern steht, medial überspielt wurde. Also doch: Sie sind ja ein richtiger Bond, Herr Vizekanzler!

– Michael Houellebecq hat mit „Die Unterwerfung“ den Roman des Jahres geschrieben. Michael Lüders liefert das passende Sachbuch dazu.

– Dass Kendrick Lamar und sein musikalisches, jazziges Umfeld gerade so „gefeiert“ wird freut uns enorm, aber das so ein toller deutschsprachiger Rapper wie Fatoni von den meisten Leuten kaum wahrgenommen wird zeigt eindeutig:
Deutschland ist einfach nicht funky!

– Die ungenügende Asyl- und Flüchtlingspolitik löst eine echte Aktionswelle in der Bevölkerung aus. Zum einen natürlich ein Grund zur Freude, wenn man an die nötige zivile Courage denkt, zum anderen muss hier ganz klar mehr öffentliches Geld fließen! Nur: Wer fordert das Geld am Ende ein wenn sich der Bildungsbürger künftig moralisch über seinen freiwilligen Sozialdienst definiert?!

Niveau Weshalb Warum?!

– Griechenland wird 2015 zum Inbegriff medialer Oberflächlichkeit und gespieltem öffentlichen Interesse. Noch im Sommer des Jahres Thema Nummer eins. Wirklich alles schien auf dem Spiel zu stehen: Europa, der Euro und mindestens der Weltfrieden. Schon heute interessiert sich in Deutschland nur noch der tote Hund für das Schicksal der Griechen.

– Der Luftraum des Wahnsinns: Man denke nur an den über der Türkei abgeschossenen russischen Kampfjet oder den depressiven deutschen Piloten! Wie gut nur, das der neue Flughafen in Berlin nie fertig wird. Nils Frahm oder Lambert spielen so lange „Music for Berlin Airports

– Austropop 2.0 is over! Es lebe der Sport!

– Von DFB bis FIFA: Korruption auf einem neuen, extrem ballsicheren Level:
„Sie glauben doch nicht, das ich nur einen Vertrag gelesen habe, den ich unterschrieben habe“, so Kaiser Franz im Interview mit der Süddeutschen Zeitung! Wer heute in Korruptionsfragen noch mit dem Finger auf Bolivien oder Berlusconi zeigt, der hat den letzten Schuss einfach nicht gehört.

– Facebook arbeitet jetzt mit dem Anzeigen von Erinnerungen. Immer gruselig wenn ein Algorithmus einem die eigene Vergangenheit auftischt. Macht jedenfalls jetzt schon extrem wenig Bock auf weitere Zukunftsideen aus Silicon Valley.
– All you need is sleep.

– Jan Böhmermann nimmt in seinem Track „Polizistensohn“ die Rolle des mittelständischen, vom Rechtsstaat und seiner Exekutive geschützten, meist jugendlichen oder wahlweise Berufsjugendlichen Konsumenten ein: Genau die Leute also, die sich zuhause Gangster-Rap-Videos zum Amüsement zu Mezzomix und Funny Frisch-Chips reinziehen, aber auf der Straße sofort die Seite wechseln, wenn ihnen nur ein Fußball-Hooligan begegnet. Die Überreaktion in vielen Ecken des Feuilletons und der Blogsphäre zeigen eigentlich nur, wie richtig Böhmermann mit dieser Satire liegt: Fette Beats für die ohnehin komplett durchironisierte DSL-Comfort-Zone! Ja, wo ist die Realness, wenn man sie mal braucht..?

– Diverse Künstler und KünstlerInnen positionieren sich 2015 mehr als fragwürdig in Fragen des Feminismus! Als habe sich die Machowelt über Nacht in Luft aufgelöst. Und nur weil man vielleicht selbst gerne beim Ficken geschlagen wird oder auf Macho-Typen à la Papa steht, der ohnehin nie für einen da war, heißt das eben auf gar keinen Fall, das Unterdrückung per se geil ist! Und nur weil man selbst gerade vielleicht Erfolg hat, bedeutet das eben auch nur: Einen Fick!
Please file under: „Mein Lover hat den Größtenwahn“.

– Wenn „Hurra die Welt geht unter“ von K.I.Z. bei der SPEX tatsächlich von den LesernInnen zum Song des Jahres gewählt wird, ja dann ist das vermutlich genau der gleiche Song, den auch die Bravo-LeserInnen wählen würden. Willkommen im Land der goldenen Mitte, du schmutziges Schweinchen namens Dystopie!

– Die Fragen um Streaming machen einen nach wie vor fertig: Niemand in Nischenhausen will wirklich dagegen sein, bloß hat der Vermieter schon wieder die Miete erhöht.

– Xavier Naidoo macht alle verrückt mit seinem Verschwörungs-Wahnsinn zwischen Haschzigarette und neuem Testament. Ob „Vom Himmel hoch da komm ich her“ das frische Duett auf Helene Fischers aktueller Weihnachts-CD wohl trotzdem noch ausgekoppelt wird!?!

– Vor XY und Z stehen im Alphabet die Buchstaben V und W. Der Kokain- oder Ritalin-gesteuerte Maximierungswahnsinn bringt in Wolfsburg die deutsche Ingenieurskunst auf ein Glaubwürdigkeitsniveau von Amsterdamer Drogenküchen. Nein, das Zeug ist nicht gestreckt, nein wirklich nicht…

– Star Wars bleibt Hollywoods erfolgreichstes Pendant zu Grimms Märchen.

Donald Trump?

– Der Schwund der Mittelschicht ist auch in den Nischen der Unterhaltung immer mehr zu spüren. Geld fließt immer mehr auf die andere Seite des Monitors. Also dort wo die Programmierer sitzen! Was soll man dagegen tun?! Ein Gitarrensolo spielen?!
Sich schon wieder betrinken?! Streaming of a white christmas?!

– Ja, und was sagt eigentlich der Papst zu alledem? Der soll sich gefälligst mal vom Dalai Lama eine Nachhilfestunde in „Social Media“ geben lassen…

Wir wünschen allen Freunden und Fans des Labels staatsakt auf diesem Wege ein paar entspannte Tage. staatsakt bedanken sich für den Konsum ihrer Produkte und wünschen ausreichend viel Zivilcourage für 2016.

Möge die antikapitalistische Macht mit uns sein!

Zum Abschied ein neues Lied von Isolation Berlin. Da freuen wir uns tierisch auf das am 19.02.2016 erscheinende Debütalbum „Und aus den Wolken tropft die Zeit“ und die am gleichen Tag erscheinende EP-Sammlung „Berliner Schule/Protopop“.

Euer:
 Staatsakt.

PS: Ist Dir doch egal?! Ja, hör mal!
PPS: Ja, wann strahlst Du?!