Josef Hien "Wenn Du nicht bei mir bist"

Josef Hien „Mit Dir“

Josef Hien – vom Whistleblower zum Liedermacher oder: Wie aus einer Abfindung ein Album wird.

Josef Hien "Mit Dir"
Josef Hien „Mit Dir“
Als Spielzeugverkäufer, Opernsänger, Konzert- und Eventmanager, Tennistrainer, Marketingleiter oder Koordinator für Altenheimumzüge hatte Josef Hien in seinem Leben bereits gearbeitet. Diese fröhliche Folge von Anstellungen fand ein jähes Ende, als er sich im letzten Unternehmen über die Zustände im Management ärgerte. Josef Hien wurde zum Kritiker und Whistleblower – und genau zu dieser Zeit fiel ihm eine alte Gitarre in die Hände. Sofort begann er zu schreiben, Lieder und Texte, offenbar schon lange fertig in seinem Kopf. Sein erstes Lied war eine böse Ballade über die Mißstände in seiner Firma und über die erlittenen Beschädigungen als Whistleblower, und er sang dieses Lied auf dem firmeneigenen Sommerfest. Die Musik wirkte – Anwälte wurden eingeschaltet, und die Zeit war reif um loszulassen. Der Job war weg; aber für Josef Hien hatten diese wenigen Minuten Gesang längst alles geändert, denn sie besiegelten seine Rückkehr als Musiker.

Die Bemühungen der Anwälte blieben erfolglos, und so bescherte die Kunstfreiheit Josef Hien zu seinem Abschied glücklich eine Abfindung. Weitere Lieder entstanden, bei Live-Auftritten kamen ältere Damen auf ihn zu und fragten nach den Texten, 20jährige vergaßen für längere Zeit ihr Smartphone! Der Weg ging immer weiter und führte auf wunderbare Weise zum Debütalbum Mit Dir, finanziert mit den letzten Ersparnissen. An diesem Punkt wurde Konstantin Wecker auf den Münchner Liedermacher aufmerksam. Denn Josef Hien singt, wie Wecker sagen würde, „weil er ein Lied hat“ – um zu unterhalten, aber auch um eine Stimme zu haben, und um sich gegen Ungerechtigkeit und politischen Extremismus äußern zu können – gerade jetzt.

Josef Hien (geboren am 20.05.1973 in Regensburg) ist verheiratet, lebt in München und versucht, ohne Smartphone, Müll und Plastik durch’s Leben zu kommen.

Das Album Mit Dir

Josef Hien "Wenn Du nicht bei mir bist"
Josef Hien „Wenn Du nicht bei mir bist“
Mit Dir – das Debütalbum von Josef Hien steht ganz in der Tradition der großen deutschen Liedermacher, in größter Verwandtschaft vielleicht zum Geschichtenerzähler Reinhard Mey, dem mit der liebevollen Hommage Mein Respekt auch ein eigenes Lied gewidmet ist. Und doch entwickelt der Münchner „Liederfinder“ schnell seinen eigenen Stil, mit genauem Blick für seine Umwelt, gefühlsstark und lustig, böse und politisch, aber vor allem immer hoch persönlich.

Alle Lieder des Albums entstanden zuerst als reine Gitarren- und Klavierkompositionen. Durch Yoyo Röhm, der als Arrangeur und Produzent bereits für SängerInnen und SchauspielerInnen wie Ben Becker, Katharina Franck oder Jasmin Tabatabai tätig war, erhielten sie ihre endgültige Fassung und dabei die unterschiedlichsten, stets passenden und behutsam gesetzten Farben. Musikalisch bietet Mit Dir somit die große Klavierballade genauso wie rasante Bandnummern, in Elitepartner witzige Anklänge an Urban Brass, oder einen rumpelnden Blues mit Augenzwinkern im von der Lapsteel geprägten Belegt.

Die Aufnahmen fanden mit Streichern, Bläsern und Band, also unheilbar „altmodisch“ mit echten Musikern, im Candy Bomber Studio Berlin statt, die Gesangsaufnahmen im Sky Studio München. Im Mix wurde Mit Dir abschließend in den traditionsreichen Münchner Weryton Studios von Berthold Weindorf, dem langjährigen Toningenieur von Klaus Hoffmann, fertiggestellt.

Das Album Mit Dir erscheint am 22. Februar 2019 in Konstantin Weckers Liedermacher-Label Sturm&Klang!

Bin ich Liedermacher?

Liedermacher. Dafür standen für mich Zeit meines Lebens drei beeindruckende Musiker noch vor allen anderen: Konstantin Wecker, Hannes Wader und Reinhard Mey. Und es hat mich stets fasziniert, an ihren Konzertabenden das Publikum zu betrachten. Denn da sah und sieht man bis heute Klassik-Abonnenten und Opernfans, Besucher von Jazz-Clubs und Pop-Konzerten, oder auch im allgemeinen höchst standhafte Konzert-Verweigerer. Man begegnet wie sonst selten irgendwo dem Vater mit dem Sohne, wenn nicht gar Großmutter und Großvater mit Enkelin und Enkel. Dazu gesellte sich immer der Eindruck, man könne kaum jemanden an so unterschiedlichen Orten auf eine Bühne stellen wie diese Sänger. Ihre Geschichten, ihre Apelle, ihre Poesie verlangen Konzentration, rücken den Raum in den Hintergrund und funktionieren daher im festlichen Theatersaal genauso wie in der Mehrzweckhalle – offen für jeden, der da kommen mag und schlicht bereit ist, zuzuhören.

Genau in dieser verbindenden Kraft liegt für mich bis heute die Bedeutung dieser Liedermacher und der – was für ein seltsames Wort – Liedermacherei. Denn ein gutes Lied grenzt nicht aus. Ein gutes Lied denkt nach und macht das Angebot mitzudenken; für sich selbst um- oder eben weiterhin anders zu denken. Es heißt, unsere Gesellschaft sei heute geprägt von der Pluralisierung sozialer Milieus und Lebensstile, erkennbar etwa an der nachlassenden Bindungskraft der Volksparteien. Das muss kein Schaden sein, solange nicht Lacher, Erfolg oder Gewinn dann im Gegeneinander gesucht und so aus pluralen Lebensentwürfen Spaltungen werden. Und genau hier glaube ich an die Möglichkeiten guter Liedermacher: Wer ohne Spott und Beleidigungen auftritt, wer ohne Ausgrenzung auskommt, aber, und das ist essentiell, persönliche Haltung zeigt – nur der ermöglicht ehrliche Auseinandersetzung. Und dann kann ein gutes Lied auch heute noch die Kraft haben, universell zu sein. Das bedeutet, dass sein Anliegen von jedem nachvollzogen und aus unterschiedlichster Perspektive bedacht werden kann. Und auf diesem Weg schafft es gesellschaftliche Verbindung; Klebstoff, den wir zu jeder Zeit und gerade heute dringend brauchen.

Können Lieder dann also, wie gerne gefragt wird, etwas oder gar „die Welt verändern“? Nun, sicher nicht im Sinne „Heut‘ sing ich mein Lied, morgen ist die Welt eine andere“ – das dürfte kaum einmal funktioniert haben, obwohl… Aber in jedem Fall wäre die Welt eine andere, gäbe es die unzähligen Lieder der großen Liedermacher nicht, nicht die von Wecker, Wader, Mey, die jemand hören konnte, einen oder alle drei mit ihrer Musik und Haltung liebgewinnen, darüber nachdenken, mit anderen darüber sprechen, vielleicht Trost, vielleicht Freude, vielleicht Mut für sonst nicht gewagtes finden. Sich dabei mit anderen verbinden. Und dann war die Welt eine andere.

Bin ich dann also Liedermacher? Es wär‘ mir eine Ehre und eine schöne Aufgabe. Ob groß, ob klein – das ist dem Lied wohl egal.“

Josef Hien