In der Mathematik können wir wunderbare Musik finden. In wunderbarer Musik können wir Mathematik finden. Melodiebögen, kreisförmige Strukturen, Sequenzen, Muster.
Das Debütalbum des Will Gregory Moog Ensemble mit dem BBC National Orchestra of Wales überträgt all diese Entdeckungen und all die Glückseligkeit, die darin zu finden ist, in grundlegenden Klänge analoger Synthesizer. Inspiriert wurde das hier vorliegende Album von Archimdes, dazu mehr in der beliegenden Bio.
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
Für den Moment beginnen wir noch einmal ganz von vorne: Will Gregorys (Goldfrapp) Liebesaffäre mit dem Moog begann nämlich bereits in seiner Kindheit mit einem Exemplar von Wendy Carlos‘ „Switched-On Bach“-Album. Später, in seinen 20ern, kaufte er einen Minimoog und begann damit zu improvisieren.“It was such an expressive instrument – I absolutely loved it,” erinnert er sich heute, “…the raw quality you could get from it, when its low frequencies could sound like an animal, or like the sound of the sea. This was at a time when digital music became dominant, so it felt good to have an analogue beast fighting against the tide.“
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
Zwei Jahrzehnte später setzte er ihn auf Goldfrapps Debütalbum „Felt Mountain“ ein. Nochmals Jahre später, bei einer Autofahrt, hörte er wieder etwas von „Switched-On Bach“ im Radio und wurde in seine Vergangenheit zurückkatapultiert; er erinnerte sich an dieses Instrument und begann sich zu fragen, wie man es live in einem Ensemble von Mono-Synthesizern einsetzen könnte, zusammen mit anderen Synthesizer-Spieler*innen, die er auf seinen Reisen getroffen hatte.
Seitdem existiert und spielt das Will Gregory Moog Ensemble, das zeitweise aus bis zu vierzehn Musiker*innen besteht, kleine Gigs und Festivals. „Heat Ray“ ist ihr erstes gemeinsames Album, das in Zusammenarbeit mit dem BBC National Orchestra of Wales entstanden ist.
Am 20.04.2024 veröffentlicht Grönland exklusiv zum Record Store Day das erste Harmonia-Album MUSIK VON HARMONIA anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Releases als Doppel-LP mit vielseitigen Reworks und Remixes international namhafter Kunstschaffender und Harmonia-Wegbegleiter (und im Fall von Michael Rother sogar einem Gründungsmitglied).
„Die Musikgruppe Harmonia, deren Debut MUSIK VON HARMONIA vor nun ziemlich genau 50 Jahren erschien, ist wohl als einer der größten Glücksfälle der Musikgeschichte zu werten.
Steckt in einem Glücksfall potentiell ja auch meist der Zufall, so war auch das, was da im Jahre 1974 als erstes Resultat jener folgenreichen Zusammenarbeit das Licht der Welt erblickte, nicht geplant – und in dieser Form und Konstellation ohnehin kaum planbar: Die drei Musikschaffenden nämlich, die sich in den Jahren 1973-76 mehr spontan unter dem Namen Harmonia versammelten, sind oder waren immer schon drei extreme Freigeister. Grenzenlos, auf unterschiedliche Art exzentrisch und dabei äußerst eigensinnig.
Somit war auch das Ergebnis ihrer Zusammenarbeit eine wahre Überraschung, konnte nur eine wahre Überraschung sein.
Musik, aus der Spontanität geboren, aus dem musikalischen Forschungsdrang, der Lust am kompromisslosen Experiment. Harmonia: Dieter Moebius (*1944), der 2015 verstarb, und parallel mit seinem partner in crime Hans-Joachim Roedelius (*1934) die Gruppe Cluster bildete, im Trio mit dem einzigartigen Michael Rother (*1950), da schon umtriebig mit seinem Duo Neu!, das er mit dem ebenfalls legendären Trommler Klaus Dinger gerade ruhen ließ.
Doch den Kultstatus, den das mannigfaltige Werk der drei Musiker heute genießt, war ihnen da allenfalls ein heimlich gehegter Traum….“, schreibt Hendrik Otremba (der just mit einer Band Messer ein ebenfalls mehr als hörenswertes Album veröffentlicht) im Info. Hier ist der ganze Text zu lesen.
Harmonia – Musik von Harmonia
Anniversary Edition
Doppel-LP inkl. Reworkds
RSD Exclusive
VÖ: 20.04.2024
(Grönland Records/GoodToGo)
Zum 50. Jahr der Veröffentlichung des Debütalbums von NEU! erschien im September 2022 auf Grönland Records eine opulent ausgestattete Jubiläums-Box, auf der einer der großen kosmischen Bands aus Westdeutschland eine kritisch-huldigende Werkschau gewidmet ist.
Das CD- bzw. Vinyl-Boxset enthielt jeweils die genreprägenden ersten drei (LP-Box) bzw. vier (CD-Box) Alben, sowie das Doppelalbum»Tribute«, auf dem sich ausnahmslos spektakuläre Coverversionen bzw. Remixes von so grundverschiedenen Künstlern wie Idles ,The National, Fink, Mogwai, Stephen Morris und Gabe Gurnsey, Yann Tiersen, Man Man und They Hate Change finden.
Alexis Taylor und Guerilla Toss wiederum spielten neue Tracks, quasi »inspired by« ein, die sich nahtlos in diese Reise von der Vergangenheit in die Gegenwart einfügen.
Dieses Tribute-Album wird nun anlässlich des Record Store Days am 20.04. via Grönland Records/GoodToGo als alleinstehende Doppel-LP wiederveröffentlicht.
REWORKS-TRACKLISTING
A1 – NEU! – Im Glück (The National Remix)
A2 – NEU! – Weissensee (Fink Version)
B1 – NEU! – Super (Mogwai Remix)
B2 – Alexis Taylor – 4+1=5
C1 – NEU! Hallogallo (Stephen Morris and Gabe Gurnsey Remix)
C2 – NEU! – Lieber Honig (Yann Tiersen Remix)
D1 – NEU! – Negativland (Idles Negative Space Rework)
D2 – Guerilla Toss – Zum Herz
D3 – NEU! – After Eight (They Hate Change Cover)
NEU! – Hallogallo (Stephen Morris and Gabe Gurnsey Remix) auf YouTube:
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
NEU! – Im Glück (The National Remix) auf YouTube:
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
NEU! – Weissensee (Fink version) auf YouTube:
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
Guerilla Toss – Zum Herz (inspired by NEU!) auf YouTube:
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
NEU! – Tribute I + II
Doppel-LP – RSD Exclusive | VÖ: 20.04.2024 Featuring Idles,The National, Fink, Mogwai, Stephen Morris und Gabe Gurnsey, Yann Tiersen, Man Man, They Hate Change, Alexis Taylor, Guerilla Toss
Pfui Spinne – von wegen! LiederalbumDie Kleine Spinne Widerlich – zwölf zauberhafte und lehrreiche Songs für Kinder, die sich vor Spinnen fürchten, mit Schauspielerin und Erfolgsautorin Diana Amft
(VÖ: 11.11.2022; Edel Kids); empfohlen ab drei Jahren
„Wenn man es genau betrachtet, sind Spinnen sehr faszinierend. Was für Kunstwerke sie teilweise mit ihren Netzen in der Natur zaubern. Und wie spannend es ist, sie mal genau zu beobachten! Manchmal ist es einfach gut, wenn man etwas, das man nicht mag, auch mal von der anderen Seite betrachtet. Man hat doch oft Angst vor Dingen, die man nicht kennt oder nicht versteht.“ – Diana Amft
Die kleine Spinne Widerlich ist ein liebenswerter Krabbler mit vielen Freunden und einer großen Familie. Dass die Menschen sich manchmal vor Spinnen fürchten, kann sie ganz und gar nicht verstehen. Ihre Mama, Tante Igitte, Onkel Langbein und all die anderen Spinnen sind doch überhaupt nicht fürchterlich und eigentlich richtig lieb! Da macht sich die kleine Spinne Widerlich auf den Weg, um herauszufinden, warum viele Angst vor ihr haben.
Der beliebten Film- und TV-Schauspielerin Diana Amft (Doctor’s Diary, Josephine Klick, Der Junge muss an die frische Luft, Meine Mutter…) erging es ganz ähnlich wie anderen „spinnefeinden“ Menschen, und so erfand das sympathische und mehrfach ausgezeichnete Multitalent (u. a. Bayerischer und Deutscher Fernsehpreis, Grimme-Preis, die Goldene Nymphe oder die Romy) im Jahr 2010 die liebenswerte kleine Spinne Widerlich, um Kindern die Furcht vor Spinnen zu nehmen: „Die Geschichte zu dem Kinderbuch ist entstanden, weil ich große Angst vor Spinnen hatte, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es tatsächlich Angst war, oder ob ich mich einfach vor ihnen geekelt habe. Denn eigentlich wusste ich ja, dass sie mir nichts tun. Ich habe mir dann immer vorgestellt, dass die Spinnen auch eine Familie haben, einen kleinen Bruder oder eine Cousine und dass sie gerade auf dem Weg zu ihnen sind. Zu jeder einzelnen Spinne habe ich mir eine Persönlichkeit und einen Namen ausgedacht und dann eine Geschichte um sie herum gebaut. Und aus all diesen kleinen Geschichten ist letztlich das Bilderbuch von der kleinen Spinne Widerlich entstanden.“ Seit 2011 sind im Baumhaus-Verlag bis dato neun Bildbände und diverse Activity-Bücher erschienen und avancierten mittlerweile zur absoluten Bestsellerreihe!
Nun veröffentlicht das Label Edel Kids am 11.11.2022 erfreulicherweise das Liederalbum Die Kleine Spinne Widerlich rund um die Welt der kleinen Spinne, wo es aber auch um Themen geht wie Schule, Natur, Freundschaft und Abenteuer… Aufgenommen wurde das Album im Tonstudio der Erfolgsproduzenten von Summerfield Records, wo Diana Amft gemeinsam mit Matthias Distel und einem entzückenden Kinderchor zwölf witzige und lehrreiche Lieder eingesungen hat.
Nun folgte der zweite Teil der Compilation mit unveröffentlichten Tracks und Demos des elektronischen Musikers aus Norddeutschland.
Aktuell geht es Schlag auf Schlag und MiDi BiTCH scheint in Punkto Tonträgerveröffentlichung geradezu Hyperaktiv zu sein. In diesem Sommer 3 Alben in monatlicher Folge.
Dies ist vermutlich dem Umstand geschuldet, dass er in der Vergangenheit zum einen zahlreiche Tracks produzierte aber bis dato nicht der Öffentlichkeit zugänglich machte. Zum anderen dürfte die Zeit des Lockdowns es ermöglicht haben sich den „Altlasten“ zu widmen und diese final aufzupolieren. Doch wer jetzt meint es handelt sich um Ausschuss oder eine elektronische Resterampe liegt falsch.
Die 10 Tracks des Album „RAiNBOW CONNECTiON 2“ bewegen sich weniger im Kontext des Ambient und Berliner Schule im Sinne von Tangerine Dream und Klaus Schulze, wie die letzten Veröffentlichungen.
Vielmehr geht es in Richtung Dub und Space-Kraut-Postrock mit vielen Federhall-Effekten und spacigen Drumsounds. Natürlich sind auch wieder die obligatorischen Sprachsamples vertreten und untermalen die spacige Reise durch Hall- und Echoräume stimmungsvoll. Auch hier klingt vieles wie ein Soundtrack zu einem Underground-Scifi-Thriller der noch gedreht werden muss.
Atmosphärisch und dramatisch sind die Songs allemal und laden dazu ein, auf dem Sofa ein wenig zugedröhnt einen Ausflug in den Kosmos zu unternehmen. Perfekte Beschallung für die heimische Wohlfühloase oder auch Begleiter für konzentrierte Fleiß-Arbeiten am Rechner via Headset. „Music for Developer“ sozusagen…
Instrumentale Synthesizer Musik die kinoartige Klanglandschaften in die Köpfe der Zuhörer projiziert, jenseits jeglichen Kitsches eines Jean Michel Jarre oder der späten Tangerine Dream.
Aber Obacht MIDI BITCHs „RAiNBOW CONNECTiON 2“ ist alles andere als gefällige Loungemusik. Immer wieder reißen die Arrangements den Hörer aus einer süßlichen Lethargie und überraschen mit unkonventionellen Ideen und musikalischen Zitaten. Der Noisefaktor stimmt und die künstlerische Freiheit, die sich MiDi BiTCH nimmt erinnert an die Freigeister der elektronischen Krautrock-Szenerie der 1970er.
Krautrock als vielstrapazierte Metapher ist insofern zutreffend, als das dieser Begriff auch damals schon das unbeschreibliche Gewurschtel der kreativen, freien deutschen Musikszenerie versuchte in eine Schublade zu packen, die per se nicht zutreffend sein kann. Insofern „klingt“ es nicht nach Krautrock, sondern ist es viel mehr die Geisteshaltung und Mentalität die hier den Bezug zu recht herzustellen erlaubt sei.
Einen herausragenden Lieblingssong zu nennen fällt mir schwer, da jeder Track seinen eigenen Charme besitzt und hier sicherlich die Geschmäcker unterschiedlich sein dürften.
Das Album ist über alle gängigen Streamingportale verfügbar und sei wärmsten ans Herz gelegt. Reinhören lohnt sich allemal.
Hier klicken, um den Inhalt von bandcamp.com anzuzeigen
Rhythmisch wie ein Stepsequencer haut der elektronische Musiker M!D! B!TCH in kurzen Abständen seine Alben raus. Da scheint sich einiges aufgestaut zu haben. Kaum 4 Wochen nach der Compilation „RAiNBOW CONNECTiON“ mit alten Tracks und Demos liegt jetzt bereits der Nachfolger von „TRASNKOSMOS“ vor.
Auch die „KOSMiSCHE BRÜCKE“ bewegt sich im weitesten Sinne in der Tradition der Düsseldorfer- und Berliner Schule der elektronischen Musik der 1970er. Diese war geprägt von Bands wie Tangerine Dream, Klaus Schulze, Wolfgang Riechmann, Bernd Kistenmacher, Peter Baumann, NEU! und Kraftwerk.
So ganz werden diese Vergleiche mit den Epigonen des elektronischen Krautrocks, aber auch Jean-Michel Jarre, dem musikalischen Kosmos der MIDI BITCH nicht gerecht, sind aber hilfreich bei der Verortung dessen was den Osnabrücker musikalisch antreibt und zu prägen schien. Sind seine Tracks doch immer wieder durchsetzt von zeitgenössischen Elementen und Klängen jenseits der trennscharfen Genredefintionen und werden dazu zu ganz eigenen Kleinoden.
Vor 20 Jahren war er einmal der Live Keyboarder der ebenfalls aus Osnabrück stammenden Band SANKT OTTEN um Olli Klemm und Stephan Otten. Ist man sich auch weiterhin freundschaftlich verbunden, so geht man musikalisch mittlerweile doch recht unterschiedliche, eigene Wege. Eine gewisse geistige Verwandtschaft ist dennoch eindeutig zu erkennen.
Hier klicken, um den Inhalt von bandcamp.com anzuzeigen
Das aktuelle Album „Kosmische Brücke“ zeigt deutlich, die „Bitch“ ist reifer geworden. Wieder mal ein tolles Cover vom Musiker selber und spaciges Konzept. Musikalisch eine ausgewogene Mischung aus Ambient und Post-Kraut garniert mit Synth-Flächen wie aus den guten Phasen von Tangerine Dream. Es gibt in den Klang- und Sequenzer-Landschaften immer neues und viele liebevolle Kleinigkeiten zu entdecken. Mehrmaliges Anhören, sei empfohlen und hilfreich um wirklichen Zugang zu der tieferen Dimension dieser kosmisch-akustischen Reise zu erlangen. Es geht hier halt nicht um Pop- oder Tanzmusik, sondern um kurzweilige Musik mit kosmischem Anspruch. Ohne viel Worte oder Gesang werden hier kleine Geschichten erzählt die durchaus als Soundtrack für Science-Fiction, Suspense oder Horror-Filme dienen könnten. John Carpenters Filmmusik scheint einen nicht geringen Einfluss auf das kreative Schaffen des Musiker gehabt zu haben.
Sicherlich eines der besten Alben von MIDI BITCH und für Freunde der psychedelisch angehauchten elektronischen Musik eine gute Wahl. Prädikat: besonders für die individuelle Entspannungs-Oase zu Hause geeignet! Was einem da noch sauer aufstoßen kann, ist gegebenenfalls, wenn man denn jammern möchte, dass eine Veröffentlichung auf Vinyl oder CD offensichtlich wohl nicht geplant ist. Was irgendwie verwunderlich ist.
Das Album kann bei Bandcamp im Stream kostenlos angehört und auch als digitale Version (DLC) gekauft werden.
Was verbirgt sich hinter dem Namen MIDI BITCH? Unmittelbar decodiert soviel wie „Musical Instrument Digital Interface Bitch (lobende Ansprache im afroamerikanischen Slang analog zu Motherfucker)“.
Auf dem Weg von Düsseldorf nach Berlin kommt man quasi an der Wahlheimat von Midi Bitch vorbei: Osnabrück, die Stadt der goldenen Mitte.
Kosmologische Standortbestimmung
Eine kleine Großstadt oder doch eine große Kleinstadt? Es verhält sich wohl analog zu dem halbleeren Glas. Beides ist zutreffend und zeigt auch das Dilemma auf, in dem sich die zeitgenössische elektronische Underground-Musik bewegt. Irgendwie zwischen den Stühlen, bzw. den Ritzen der Wall of Mainstream-Elektronik-Danke-Pop-Charts-EDM.
Seitdem die Produktionsmittel der Musikkultur demokratisiert wurden und jeder, der mag und ein wenig sein Taschengeld spart, an seinem Laptop elektronische Musik produzieren kann hat sich der Proporz gewandelt. Gab es in den 70er und 80er jede Menge Zuschauer, Fans und interessierte Sammler der psychedelisch-synthetisch geprägten Musik, und eine überschaubare Szene der aktiven Protagonisten, so gibt es nunmehr eine unzählbare Schar von Wohnzimmerproduzenten und Musikern, die ein Problem haben die interessierte Audience zu erreichen.
Auch den nerdigsten Liebhabern der Synthesizermusik ist es schier nicht möglich wirklich jeder Veröffentlichung aus dem Genre die gebotene Aufmerksamkeit, geschweige denn Anerkennung entgegenzubringen. Und so begibt es sich immer wieder, dass sich neue, schon lange existierende Welte auftun, von denen man bisher nicht gewahr wurde. Auch Midi Bitch zählt mit seinen schier unzähligen Veröffentlichungen seit den 1990ern dazu.
Doch lassen wir das, es sind halt die Folgen des kulturellen Poststrukturalismus seit Post-Punk-Ära. Um so erfreulicher, dass heute unzählige Künstler vor sich hin werkeln und die modernen Produktionstechniken und Vertriebswege nutzen um Ihren Output in die weite digitale Welt zu blasen.
Der Exil-Berliner Midi Bitch stammt aus der DIY-Musik-Fanzine-Tape-Trader-Szene der 1980er und hat so manche musikkulturelle Entwicklung der letzten 40 Jahre als Protagonist begleitet und lässt seine Wanderungen zwischen den musikalischen Strömungen und Genres in sein musikalisches Schaffen einfließen.
Aktuelles Album RAiNBOW CONNECTION
Musikalisch bewegt sich Rainbow Connection gewiss nicht im drögen Mittelfeld, versucht aber merklich eine Brücke zwischen verschiedensten elektronischen Genres zu schlagen, die im groben der RetroSynth- und Postelectronic-Bewegung zuzuordnen sind. Seine elektronische Düsternis bedient sich Versatzstücken des Downbeat-Ambients, Berlin School und Postrock.
Mit jedem der insgesamt 9 Tracks gelingt es ihm unmittelbar spannungsgeladene Stimmungswelten zu eröffnen und dem Zuhörer Zugang zu seinem Verständnis von Klangreisen zu gewähren. Gleich einem kosmischen Fährtenleser führt er uns in eine fremdes und doch vertraut scheinendes Klanguniversum. Jeder Track erzählt eine kleine eigene Geschichte und weiß mit seinem ganz eigenen Charm zu gefallen.
An vielen stellen der musikalischen Reise können wir erahnen, dass hier große Protagonisten der elektronischen Musik Pate gestanden haben zu scheinen. Klaus Schulze, Jean-Michel Jarre, Kraftwerk, Tangerine Dream, scheinen die Zutaten der Ursuppe zu sein, aus dem die kosmischen Kleinode geschöpft wurden, ohne unmittelbar nach einer drögen Kopie oder Versionen desselben zu klingen.
Kollaborations Album am Horizont
Geradezu beeindruckend ist die hohe Schlagzahl in der M!D! B!TCH in den letzten 3 Jahren seine Veröffentlichungen als digital-only Releases auf Bandcamp, Spotify und Youtube dem geneigten Empfängerkreis zur Verfügung stellt.
Der ehemalige Sankt Otten Keyboarder scheint jenseits von Marketing- und Releaseplänen, wie wir sie sonst von strategisch operierenden Künstlern und Labels gewohnt sind, einfach die Dinge fließen zu lassen und sich nicht drum zu scheren wie der Markt und die Konsumenten in unserer bunten Warenwelt der Popkultur laut Mangement- und Marketing-Gurus zu funktionieren hat.
Getreu dem Motto: ein Künstler tut was ein Künstler tun muss!
Auch wenn Künstler überwiegend keine Rudeltiere sind, war zu vernehmen, dass MIDI BITCH aktuell an mehreren Kollaborationen mit befreundeten elektronischen Künstlern (Olli Klemm // Sankt Otten und Alex Angst // Rave Angst) arbeitet und wir davon ausgehen können noch in diesem Jahr dahingehend konkrete Audiosignale und Schalldruckwellen aus dem MIDIBITCH Quadranten vernehmen zu dürfen.
Hier klicken, um den Inhalt von bandcamp.com anzuzeigen
Ein Themenabend fürs Publikum, zeitgemäß im Stream, genre- und generationsübergreifend: Die Popkomm kündigt sich für den 11.06 an!
Sie war einst die größte Messe für Popkultur und ihr Name war Programm: Popkomm stand und steht für Pop und Kommunikation. Nun gibt es zahlreiche Gründe, die Popkomm neu zu erfinden. Am 11. Juni richtet die Popkomm aus gegebenem Anlass live im Stream aus dem Kölner Luxor erstmals das Parliament of Pop mit Vertreter*innen aus Pop und Politik aus.
Mit dabei sind unter anderem Karl Lauterbach (SPD), Claudia Roth und Erhard Grundl (Bündnis 90/Die Grünen), Susanne Henning-Wellsow (Die Linke), Rembert Stiewe (Orange Blossom Special), Holger Hübner (Wacken Open Air) und Sandra Beckmann (Alarmstufe Rot).
Popkomm präsentiert das Parliament of Pop
Eines haben Politik und Popkultur gemeinsam – sie berühren letztlich jede*n. Trotzdem scheinen zumindest in Deutschland beide eine grundlegend andere Sprache zu sprechen – oder anders: Man versteht sich nicht sonderlich gut.
Was liegt also näher, als im Superwahljahr 2021 Pop und Politik einander näher zu bringen. Wenn die Popkultur schon nicht systemrelevant ist und in der politischen Prioritätenliste der Coronakrise ganz weit hinten rangiert, so ist es an der Zeit, dass Miteinander von Pop und Politik neu zu verhandeln.
Das Parliament of Pop der Popkomm wird zum digitalen Plenarsaal und hat sich zum Ziel gesetzt, die politische Debatte zu bereichern und den demokratischen Dialog zu erweitern: Kommt die Vermögensteuer für Popstars, wer rettet die Clubs, das sind nur einige der Fragen, die es vor der Bundestagswahl zu klären gilt.
Wer kann die Frage nach dem Kauf eines Tickets für ein Festival oder Konzert in diesem Sommer besser beantworten als Karl Lauterbach? Welche Politikerin außer Claudia Roth kann erklären, warum es in der in der Politik neuerdings mehr als nur Protestsongs braucht? Wie konnte es passieren, dass Susanne Henning-Wellsow die Sleafords Mods hört, und wer, wenn nicht Erhard Grundl, einer der wenigen Politiker, der aus der Musikbranche in die Politik gewechselt ist, kann darüber berichten, wie es in der Politik um die Popkultur bestellt ist?
Zeit für Pop, Macht, Politik!
Endlich zieht es auch Akteure aus der Popkultur in die Bundespolitik. Die Bundestagskandidaten Joe Chialo, Labelchef von Airforce 1 (Kelly Family, Ben Zucker, Beyond The Black) für die CDU, Jens Herrndorff, der Manager von Fettes Brot für Bündnis 90/Die Grünen, sowie Daniel Schneider, Chef und Booker des Deichbrand Festivals für die SPD, erklären ihre politischen Ziele.
Ebenso treten an: Michael Beckmann (Rettet die Klubs), Sandra Beckmann (Alarmstufe Rot), Holger Hübner (Wacken Open Air), Sebastian Krumbiegel (Die Prinzen), Rembert Stiewe (Orange Blossom Special), Ole Plogstedt (Rote Gourmet Fraktion) sowie Marc Wohlrabe (CDU/Livekomm). Sie geben ihrerseits in digitalen Interviews, Statements und Gesprächsrunden Einblicke in das Spannungsfeld der Wechselwirkung zwischen Pop und Politik.
Die Moderatoren: Isabel Roudsarabi, (Chefredakteurin Höme für Festivals), Susanne Reimann (Journalistin), Steve Blame (TV Moderator) und Michael Westerhoff (freier Journalist).
Popkomm; Respectfully Yours…
Köln – Luxor – 11. Juni 2021 – Beginn 20:00 Uhr // Live und digital im Stream, wahlweise umsonst oder mit den Soli-Tickets fürs allgemeine Wohlbefinden.
Infos zum Programm und Soli-Tickets ab sofort auf Popkomm.net.
Das Programm
re: Turn „Vorverkauf oder Abendkasse?“, eine epidemiologische Prognose für Konzerte und Festivals von und mit Karl Lauterbach (SPD).
Stresstest für Festivals: „Comeback oder Warteschleife?“ mit Rembert Stiewe (Orange Blossom Special) und Holger Hübner (Wacken Open Air).
re: Scue „Rettet die Klubs“, der Musiker und Komponist für Filmmusik (unter anderem „Fack ju Göhte“) Michael Beckmann erläutert seine Mission in Kombination mit Marc Wohlrabe (CDU) von der Livekomm.
„Nicht ohne meinen Anwalt“, Dany Rau und sein Marsch durch die Instanzen. Der freischaffende Produktionsleiter beschreitet den Rechtsweg für eine angemessene finanzielle Entschädigung im pandemiebedingten Lockdown. Mit dabei Sandra Beckmann von der Initiative Alarmstufe Rot.
re: New „Pop.Macht.Politik!“ Endlich: Musikmenschen zieht es in den Bundestag. Jens Herrndorff, der Manager von Fettes Brot tritt an für Bündnis 90/Die Grünen, Joe Chialo, Labelchef von Airforce 1, für die CDU und Daniel Schneider, Chef und Booker vom Deichbrand Festival, für die SPD.
re: Member „Mutprobe Politik“, die Bundestagsabgeordnete Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) und ihr Plädoyer, warum es neuerdings mehr als nur Protestsongs braucht.
„Blaupause Sleaford Mods”, Susanne Henning-Wellsow, die Parteivorsitzende der Partei Die Linke, erklärt ihre Politik nicht nur mittels der britischen Band Sleaford Mods.
„Aus dem Maschinenraum der Politik“, Erhard Grundl, Mitglied im Kulturausschuss des Bundestags für Bündnis 90/Die Grünen, und seine Bewertung der Corona-Hilfen für die Kultur- und Kreativwirtschaft.
re: Mind
Die Popkomm Late Night Show mit der Gesprächsrunde zu der entscheidenden Frage der „Vermögensteuer für Popstars?“ Merke: Die schwarze Null ist keine Gothic-Band. Die Stammtisch-Debatte an der „Strafbar“ unter anderem über die Sinnhaftigkeit von Kurzstreckenflügen von Popstars im Privatjets in Zeiten des Klimawandels, der wachsenden sozialen Ungleichheiten und dem Für und Wider eines Mietendeckels.
re: Call
Der Stammtisch zur „Strafbar“, der mobilen Tourneekneipe des Punkrock-Kochs Ole Plogstedt von der Roten Gourmet Fraktion, serviert den Gästen nicht nur Getränke, sondern sorgt zudem für den außerparlamentarischen Gesprächsstoff zum Parliament of Pop.
Die Moderatoren: Isabel Roudsarabi, Chefredakteurin Höme für Festival.
Susanne Reimann, Journalistin, TV Moderatorin, Redakteurin und Sprecherin.
Steve Blame, TV Moderator, Autor von Büchern und Drehbüchern. Michael Westerhoff, freier Journalist und Moderator.
Infos zum Programm und Soli-Tickets ab sofort auf Popkomm.net.
Covid_19 schenkt uns ein neues Album von Michael Rother. So könnte man es in einer Art retroaktiver Totalisierung hier hinschreiben, um Sinn zu setzen, wo keiner ist. Das ist natürlich hanebüchener Quatsch. Der Weltgeist hat mindestens Pause und Hegel ist schon lange tot.
Wer allerdings nicht tot ist, ganz im Gegenteil, ist Michael Rother. Am 02. September feiert er seinen 70. Geburtstag.
Außerdem hat er ein neues Album aufgenommen. Es erscheint – nur zwei Tage nach seinem Geburtstag – als Teil des Boxsets SOLO II, dem zweiten Teil der Wiederveröffentlichungs-Reihe seiner Solowerke bei Grönland und als alleinstehende Vinylveröffentlichung.
Dazu mehr weiter unten in den instruktiven Linernotes von Tom Pinnock (Uncut) und einer Widmung von Karl Bartos.
MICHAEL ROTHER – SOLO II BOX-SET AUF CD/DIGITAL
LUST (1983)
SÜSSHERZ UND TIEFENSCHÄRFE (1985)
TRAUMREISEN (1987)
ESPERANZA (1996)
REMEMBER [THE GREAT ADVENTURE] (2004)
BONUS TRACKS (Das verlorene Album)
und dem neuen Album DREAMING (2020) (ALLEINSTEHEND AUCH ALS VINYL ERHÄLTLICH)
VÖ: 04.09.2020 / (GRÖNLAND RECORDS/RTD)
MICHAEL ROTHER – SOLO 2
Tom Pinnock (Uncut)
Michael Rother hat immer geglaubt, dass er mehr träumt als die meisten Menschen:
„Oft habe ich wunderbare Visionen von Wasser, Stränden, Menschen und Reisen„, sagt er. „Dieter Moebius erschien kürzlich in einem meiner Träume, er war ziemlich lebendig. Das ist es, was das Gehirn nachts tut, es ist eine Art Reinigung von Sorgen und Stress, aber es verbindet sich auch mit positiven Emotionen.“
Diese nächtlichen Reisen spiegeln sich in den Titeln seines neuen (!) Albums „Dreaming“ – und hallten schon durch die „Traumreisen“ aus dem Jahr 1987, einer Aneignung der klischeehaften Formel, die deutsche Reisebüros in ihren Broschüren verwenden. Bei Rother hat natürlich fast alles eine Nebenbedeutung.
Der Einfluss von Träumen ist immer auch in den Klängen sichtbar gewesen, die Rother kreiert, in ihren treibenden Stimmungen, ihren sinnträchtigen, bisweilen klagenden Melodien. Zeugte „Solo I“, das 2019 erschienene erste Solo-Boxset von Michael Rother vom Suchen und Finden eines eigenen musikalischen Weges nach dem Ende von NEU!, zeigt die nun vorliegende Sammlung den entwickelten Rother in einem Prozess der Verfeinerung, in dem er Grenzen auslotet, und dabei auch vermeintliche Umwege und Sackgassen nicht scheut. Sackgassen freilich, die sich zu weiten klanglichen Aussichten öffnen, die allesamt einen Besuch wert sind.
„Ich war auf der Suche nach neuen Klängen„, erklärt Rother sein späteres Solowerk. „Nachdem ich Neu!, Harmonia und die ersten vier meiner eigenen Alben mit Gitarren gefüllt hatte, brauchte ich neue klangliche Horizonte.“
Die frühesten hier versammelten Stücke zeigen, wie Rother bis ins kleinste Detail hinein arbeitete, um mit dem legendären Fairlight CMI Synth und Sampler die hyperrealen Klanglandschaften des 1983er Albums „Lust“ zu erschaffen.
Bei „Süssherz und Tiefenschärfe“ von 1985 trat die komplexe Elektronik ein wenig in den Hintergrund, zudem leistete er sich mit „Süssherz“ ein weiteres Wortspiel; das englische „Sweetheart“ kennt keine direkte Entsprechung im Deutschen. Es ist vielleicht das reinste Destillat seiner Gitarrenarbeit überhaupt – und ein Stück, mit dem er nach wie vor zufrieden ist.
Bei „Traumreisen“ (1987) zeigt sich Rother am elektronischsten, die Gitarre ist fast völlig abwesend, doch die unverwechselbaren, fast volksmusikhaften Melodien bleiben erhalten.
In der Rückschau sind „Traumreisen“ und „Esperanza“ (1996) in vielerlei Hinsicht seine verlorenen Alben, jene, die sich bei ihrer Veröffentlichung außerhalb Deutschlands kaum verkauften. Auch innerhalb seines Heimatlandes ließ das Interesse an seiner Musik Mitte der 1980er Jahre nach, die Tage der „Flammende Herzen“ lagen hinter ihm und das wiederentfachte Interesse an Krautrock, an Neu! und Harmonia und seinem Solowerk noch fern in der Zukunft.
„Ich war immer außerhalb der Musikwelt unterwegs„, sagt er. „Die großen Labels waren verwirrt, warum ich nicht live spielte. Sie glaubten nicht an die Förderung eines Künstlers, der nur im Studio arbeitete, ein Album herausbrachte und dann mit dem nächsten begann, so dass die Dinge für mich in den späten 80er Jahren etwas schwierig wurden. Nachdem ‚Traumreisen‘ herauskam, stellte ich überall ein neues Album vor und bekam kein positives Feedback, also gründete ich ’93 mein eigenes Label. Ich war glücklich, weil ich meine Musik veröffentlichen konnte, und sie wieder lebendig war.“
In der Folge wurde das abgelehnte Album zerstückelt, die Stücke erschienen hier oder dort als Bonustracks auf verschiedenen Wiederveröffentlichungen seiner früheren Werke. Hier liegt es, prosaisch mit „Bonus Tracks“ überschrieben, zum ersten Mal in seiner ursprünglich intendierten Fassung vor. Und beinhaltet mit „The Doppelgänger„, einer atmosphärischen Hymne an die Gitarre, nicht zuletzt eines der erklärten Lieblingsstücke von John Frusciante.
„Remember (The Great Adventure)“ schließlich, 2004 erschienen, markiert eine Veränderung für Rother: Dance-Beats und erstmals auch Gesang sind zu hören, beigesteuert von Sophie Joiner und Herbert Grönemeyer.
Statt eines Neubeginns jedoch bedeutete diese Veröffentlichung das vorläufige Ende seiner Arbeit als Recording Artist. Rother ließ das Studio hinter und konzentrierte sich fortan auf Live-Shows, zunächst mit Steve Shelley (Sonic Youth) und Aaron Mullan (Tall Firs) als Hallogallo 2010, schließlich unter seinem Namen mit Franz Bargmann (OAKE) und Hans Lampe, dem Schlagzeuger von La Düsseldorf.
Doch zurück zur eigentlichen Sensation, einem neuen Studio-Album von Michael Rother.
„Ein neues Album zu machen ist ein einsamer Prozess, wochen- und monatelang an Material zu kauen und dann verrückt zu werden – ich war eigentlich durch damit„, sagt er in der Rückschau.
Abgesehen von Soundtrack-Arbeiten und einigen Remixen nahm Rother bis Anfang 2020 nicht mehr auf. Als Deutschland inmitten der Coronavirus-Pandemie in den Lockdown eintrat, beschäftigte sich sein Nachbar in Forst mit dem Bau einer Hütte.
Angespornt von seinem urplötzlich leeren Terminkalender, den leisen Rhythmen der Isolation und der Melancholie, die er durch die Trennung von seiner in Italien lebenden Partnerin hinter nunmehr pandemiebedingten geschlossenen Grenzen empfand, beschloss Rother stattdessen, ein neues Album aufzunehmen: „Meine Routine wurde jeden Tag dieselbe. Hätte ich Konzerte zu spielen gehabt, hätten mich diese Unterbrechungen daran gehindert, mich so intensiv auf dieses Album zu konzentrieren. Es gibt eine Menge kreativer Energie, die zum Ausdruck kommen muss, die in etwas kanalisiert werden muss, und dies war der richtige Zeitpunkt.“
Es gab eine Reihe von unfertigen Stücken aus den „Remember„-Sessions zu entwickeln, zu denen Rothers Freund Thomas Beckmann ursprünglich einige Co-Mixe und elektronische Beats beigesteuert hatte – „Ich hatte eine Goldgrube an Ideen, etwa 75 Skizzen, und ich wusste, dass da einige Edelsteine drin waren„.
Umso erstaunlicher, dass „Dreaming“ nun ganz anders klingt als sein Vorgänger. Kam „Remember“ ohne Gitarre aus, sind die neuen Stücke förmlich auf Gitarren gebettet: Melodien, die an „Flammende Herzen“ erinnern, EBow-Drones, die an „Katzenmusik“ denken lassen, knackige Rhythmus-Parts, die an die experimentelleren Momente von Harmonia anknüpfen, und nicht zuletzt ein Nicken Richtung Brian Eno bei „Fierce Wind Blowing„.
„Dein Fokus ändert sich mit den Jahren. Ich wusste, dass ich Gitarren wollte, ich wollte dieses Element der menschlichen Ungenauigkeit, Spontaneität und Variation, aber vor 20 Jahren fühlte ich mich aus irgendeinem seltsamen Grund anders, also war „Remember“ rein elektronisch konzipiert.“
Die meisten Gitarren auf „Dreaming“ wurden in einem Take aufgenommen, oft sogar erst während der Aufnahme selbst ersonnen und eingespielt. Der Gesang von Sophie Joiner dagegen war derselbe – leicht entrückt, entspannt und utterly human – er steht in einem schroffen Gegensatz zu der strengen Sequenzierung der Stücke, die ihre Worte und Rothers Stratocaster begleitet. „Ihre Stimme hat mich immer umgehauen„, sagt Rother. „Das tut sie bis heute.“
Fast die gesamte Musik auf der hier nun vorliegenden Box, von „Lust“ bis „Dreaming„, wurde in Forst an der stetig fließenden Weser aufgenommen, entweder treppab in Rothers Studio oder oben in seiner Wohnung. Während auf seinen ersten Soloalben die Produktion von Conny Plank und das Schlagzeug von Jaki Liebezeit (CAN) zu hören waren, wurde hier bis auf den Gesang von Joiner und Grönemeyer alles von Rother allein konzipiert, eingespielt und aufgenommen. Es gefällt ihm gut, nach seiner eigenen Maßgabe zu arbeiten kann, verloren in seinen Träumen.
„Ich schätze, mein Geschmack ist begrenzt. Es gibt eine ganze Welt aus Musik, und ich habe sie auf fünf Prozent des Horizonts eingegrenzt. Aber ich bin sehr glücklich, denn wenn man näher kommt, umgeben einen diese fünf Prozent, 360 Grad.“
Der Mann mit vielen Eigenschaften
Von Karl Bartos, Hamburg im Juni 2020
Als wir 1977 Die Mensch-Maschine aufnahmen, erschien gerade Michaels erstes Soloalbum Flammende Herzen. Ich hielt es für sehr gelungen, besonders »Karussell« blieb mir bis heute im Ohr. Michael spielt elektrische Gitarre auf seine ganz eigene, unverwechselbare Art. Der Ausdruck seiner Melodien und die Achtsamkeit, mit der er sie harmonisiert, beeindrucken mich immer wieder. Schon damals dachte ich: So klingt zeitgenössische europäische Volksmusik. (Auch das Schlagzeugspiel von Jackie Liebezeit hatte diesen ganz eigenartigen Swing. Und fast überflüssig ist es zu erwähnen, wie großartig Conny Plank wieder die Produktion gelungen war.)
In den 1970er Jahren hätte ich Michael gerne kennengelernt, aber es ging hoch her im Kling Klang Studio und an Kommunikation mit der Außenwelt oder gar eine Zusammenarbeit mit anderen Musikern war für mich nicht zu denken. Mittlerweile sind wir Freunde geworden. Und das ist gut so. Regelmäßig tauschen wir uns aus. Oft sprechen wir über das Wie, also die konkreten Dinge wie das Live-Geschäft, die Musikproduktion, das Handwerkliche eben. Spannend wird es immer, wenn wir uns dem Was zuwenden. Nämlich dem, was unter der Oberfläche liegt: dem Wesen der Musik.
Ich empfinde Michael als einen sehr gegenwärtigen Menschen und Musiker, der immer ganz sicher weiß, wie seine künstlerischen Mittel zu einem ästhetischen Gelingen führen. Er hält den Blick offen. Misanthropie liegt ihm fern. Nur schwer kann man sich ihn missmutig oder zornig vorstellen. Es hat den Anschein, als ruhe er völlig in sich selbst. Vielleicht trifft es das Wort »Gelassenheit« am besten. Und ja, diese Eigenschaften übertragen sich auch in den Klang seiner Musik.
Für mich besteht Musikmachen aus der Wechselwirkung von Hören, Spielen, Fühlen und Denken. Ich glaube, genau das ist es, was uns im Geist und im Herzen verbindet.
Esperanza (1996) 1 Silver Sands
2 Perlenklang
3 Weil Schnee und Eis
4 Esperanza
5 Electra
6 Wolkenwelt
7 Kristall
8 Singapore-Lore
9 Heartbeat 67 bpm
10 Loop-Loop
11 Glox
12 Gleitflug
13 Travel
14 Herzlicht
15 One
16 Sphinx
17 Spirit of ´72
Remember [The Great Adventure] (2004) 1 Energy It Up [Part 1]
2 He Said
3 Aroma Club B3
4 Morning After [Loneliness]
5 Sweet Sweat
6 Nostalgia
7 Remember
8 Energy It Up [Part 2]
9 Elevation No. 9
Bonus Tracks (Das verlorene Album, so bislang unveröffentlicht) 1 Gitarrero
2 The Doppelgänger
3 Palmero Tango
4 Nachtpassage – Chill Remix
5 Andenexpress
6 Die ganze Welt – World Mix
7 Tiefenschärfe 1993 – Trance Remix
8 Silencio
9 Schlangentanz
10 Blauer Delphin
11 Sweet Retro
12 Unterwasserwolken
13 Patagonia Horizont
Michael Rother – Dreaming (2020) 1 Dreaming
2 Bitter Tang
3 Fierce Wind Blowing
4 Wopp-Wopp
5 Hey-Hey
6 Lovely Mess
7 Out In The Rain
8 Gravitas
9 Quiet Dancing
Wir sind sehr gespannt auf den zweiten Teil des Gesamtwerkes, aber traurig, dass es diesmal „nur“ eine CD-Ausgabe und keine Vinyl-Box wie bei Michael Rother Solo 1 geben soll.
Am 27.03. veröffentlicht Cooking Vinyl mit „Abolition of the Royal Familia“ das bereits 17. Album des überaus produktiven Elektronik-Paten Alex Paterson und seinem stets rotierenden Fundus an Kollaborationspartnern. Es ist eine Fortsetzung desselben „anything goes“-Ethos wie beim vorherigen, von der Kritik gefeierten Album „No Sounds Are Out Of Bounds„.
Dieses neue Werk markiert das erste Album mit Michael Rendall als Haupt-Songwriting-Partner, der erst vom Mitglied der Liveband von The Orb zum Studiotechniker berufen wurde und nun neben Paterson zur Hälfte des vollwertigen Kernduos aufgestiegen ist. Für das neue Album übernahmen die beiden auch die Produktionsaufgaben, die bei den Sessions für die letzte LP noch von Youth gestemmt wurden.
Die Reise beginnt in leichter Stimmung mit dem luftigen Opener „Daze„, in dem der Spirit der Disco-Ära der frühen Siebzigerjahre mit zeitgenössischer elektronischer Musik und zeitlosem Pop-Appeal zu einer (ausnahmsweise glücklichen) Zwangsehe verbunden wird. Für „Daze“ liegt auch ein im besten Sinne irrwitziges Video vor, in dem ein durch eine animierte Welt stapfender Hund nach dem Genuss von offensichtlich psychoaktivem Honig im Weltall landet, um dort mit einer Choreographie auf einer bunt leuchtenden Tanzfläche unter einer gigantischen Discokugel dem „Saturday Night Fever“ und somit auch John Travolta sowie den Bee Gees Tribut zu zollen.
Wer dieser Kurzzusammenfassung keinen Glauben schenken mag, kann sich nun selbst überzeugen: Das wunderbar durchgeknallte Video zu „Daze“ gibt es hier zu sehen:
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
Die Vocals von „Daze“ hat übrigens Andy Cain beigesteuert, der durch die House-Perlen „I’m Your Brother“ und „A New Day“ von Mark Ernestus beziehungsweise Moritz von Oswald bekannt wurde. „Abolition…“ besticht abseits von Andy Cain auch durch Gastauftritte von Youth, Roger Eno, Steve Hillage und Miquette Giraudy (von Gong und System 7), David Harrow von U-Sound, Alex‚ Hund Ruby, dem 17-jährigen Trompeter Oli Cripps (der einen Samstagsjob in Alex‚ örtlichem Plattenladen hatte, als die beiden sich kennenlernten), Alex‚ Cousin Leyton an der Pfeife, echte Streicher mit freundlicher Genehmigung von Violetta und vieles mehr (siehe unten).
Mit seinem provokativen, mafiös anmutenden Titel, dem vom Maler, Karikaturisten und Kupferstecher William Hogarth und den Chapman Brothers gleichermaßen inspirierten Cover des Künstlers Pure Evil und einem nicht mehr enthaltenen Sample von Prinz Charles (das aus rechtlichen Gründen entfernt wurde) ist klar, dass „Abolition...“ die jüngste Serie von Platten von The Orb fortsetzt, die gegen das Establishment protestieren – wenn auch auf ihre eigene, umständliche und eigenwillige Art.
Das Album ist zum Teil inspiriert von der historischen Unterstützung des Opiumhandels der East India Company durch das britische Königshaus, die Indien enorm geschädigt haben und zwei Kriege mit China im 18. und 19. Jahrhundert anfachten.
Humor, Samples, tiefes Ambiente, zerebral pochender Dub, klassischer House, Hip-Hop, Psych und herzzerreißend schöne zeitgenössische Kompositionen sind erkennbar präsent, ebenso wie, vielleicht weniger erwartet, ein selbstbewusstes Pop-Element.
Auf dem Album wird der Opener „Daze“ gefolgt von dem kuhglockenschweren, unhöflichen, bassbetonten „House of Narcotics„. Bei „House of Narcotics“ handelt es sich übrigens um einen Begriff, der in anderen Ländern während der oben erwähnten Opiumjahre für das britische Königshaus verwendet wurde.
Nach einem Kennenlernen mit Steven Hawking bei einem Vortrag und der späteren Kenntnisnahme, dass der legendäre Kosmologe früher The Orb gehört hat, ist der pulsierende Technotrance von „Hawk Kings“ Pattersons Hommage, die er als „ein Monster einer Melodie, in einer ähnlichen Stimmung wie ‚Assassin‘ und ‚Toxygene‚“ beschreibt. Eine sehr frühe Version von „Honey Moonies“ konnte auf dem Youth’s Space Mountain Festival in Südspanien einen wahren Sturm der Euphorie erzeugen, was angesichts des Vintage House-Sonnenaufgang-Feelings im fertigen Track leicht nachvollziehbar ist.
„Pervitin“ (benannt nach einem Methamphetamin, das deutschen Soldaten im 2. Weltkrieg verabreicht wurde) ist eine ironische Gegenüberstellung und markiert den ersten Teil einer Passage epischer Ambient-Perlen, gefolgt vom orchestralen, WNBC-Radio-referenziellen „Afros, Afghans and Angles“ und „Shape Shifters (in two parts)“, das sich von trauriger, jazziger Schönheit zu einem aufgebrezelten Funk-Meets-Club-Vibe mausert.
Die basslastigen Reggae-Vibes setzen sich auf den Bläsern und Melodika von „Say Cheese“ und auf dem tuckenden Hip-Hop-Rubadub von „Ital Orb“ fort. Das warme, fröhliche Glühen der „Queen of Hearts“ verbeugt sich vor klassischem Jungle, und „Weekend It Rained Forever“ ist ein zwölfminütiges Ambient-Meisterwerk von atemberaubender Perfektion. Das Album schließt mit „Slave Till U Die No Matter What U Buy“ – einer kosmischen Aufarbeitung von Jello Biafras „Stay In Your Home“.
MiDi BiTCH, Jahrgang 1966, Künstlerkind, Sohn Berliner Auswanderer, veröffentlicht mit KOSMISCHE MUSIK 2 sein mittlerweile 16. Album.
Der frühere Keyboarder der Osnabrücker Triphop, Post-Rock, Krautrock, Synthpop-Band SANKT OTTEN ist seit 1995 als Solokünstler unter dem Namen MiDi BiTCH aktiv und hat sich mittlerweile überwiegend der kosmischen Musik mit Einflüssen klassischer Berliner Schule, Krautrock, Ambient und Space-Dub verschrieben.
Das aktuelle Album KOSMISCHE MUSIK II ist der logische Nachfolger von KOSMISCHE MUSIK I und beinhaltet 6 neue Tracks, deren Basis Arp-Sequenzen, sphärische String-Flächen und dezenten Drum-Patterns bilden. Reverb und Delay-Effekte verbinden dieses Konglomerat der Retro-Synthesizer wie Pech und Schwefel.
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
Die Songs haben mit ihrem autobiografischen Hintergrund einen gemeinsamen roten Faden und verarbeiten die Jugend des Musikers in den Jahren 1985-2006 und seinen prägenden Lebensstationen.
Hier klicken, um den Inhalt von Spotify anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von Spotify.
MiDi BiTCH zelebriert auf KOSMISCHE MUSIK II erneut sein ganz eigenes musikalisches Universum aus 70er Synthesizer Flächen und eigenwilligen Melodiemustern zwischen Klaus Schulze, Tangerine Dream, Jean-Michel Jarre, Kraftwerk und Vangelis.
Irgendwo zwischen Düsseldorf und Berlin im Niemandsland liegt Osnabrück und da schraubt MiDi BiTCH das eigene Elektronik-Kraut-Süppchen.
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
MiDi BiTCH – Kosmische Musik 2 GENRE: ELEKTRO-KRAUT – KOSMISCHE MUSIK – POGRESSIVE ELECTRONICA
Label: Disgraceland Records
DIGITAL DOWNLOAD BANDCAMP | 6 TRACKS OUT 01.02.2020 midibitch.bandcamp.com/album/kosmische-musik-2
MiDi BiTCH, Jahrgang 1966, Künstlerkind, Sohn Berliner Auswanderer, veröffentlicht mit KOSMISCHE MUSIK 1 sein mittlerweile 15. Album.
Der frühere Keyboarder der Osnabrücker Triphop, Post-Rock, Krautrock, Synthpop-Band SANKT OTTEN ist seit 1995 als Solokünstler unter dem Namen MiDi BiTCH aktiv und hat sich überwiegend der kosmischen Musik mit Einflüssen klassischer Berliner Schule, Krautrock, Ambient und Space-Dub verschrieben.
Das aktuelle Album KOSMISCHE MUSIK I umfasst 6 Tracks, deren Basis Arp-Sequenzen, sphärische String-Flächen und dezenten Drum-Patterns bilden. Reverb und Delay-Effekte verbinden dieses Konglomerat der Retro-Synthesizer wie Pech und Schwefel.
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
Die Tracks haben mit seinem autobiografischen Hintergrund einen gemeinsamen roten Faden und verarbeiten die schwierige Kindheit des Musikers in den Jahren 1966-1984 und seinen damaligen Lebensstationen.
Anfang der 1970er kam er als Kind eines liberalen Elternhauses in den Genuss in einem antiautoritären Kinderladen das Spannungsfeld von Anspruch und Wirklichkeit ausloten zu dürfen. Anschließend, nach mehreren Schulverweisen, durfte er ein Internat der anthroposophischen Waldorfschule besuchen, um nicht aufgrund seiner kompromisslosen Haltung gegenüber Autoritäten auf einer Sonderschule zu landen, da er als nicht beschulbar klassifiziert wurde. Dort geriet er in den Einflussbereich der schwarzen Pädagogik eines ehemaligen Wehrmachtsoldaten, Afrika-Kolonialisten und Holocaust-Leugners. Nach 6 langen Jahren gelang es ihm die Schule zu verlassen und sich aus den Fängen der Anthroposophen zu befreien.
Das im Februar 2020 folgende Album KOSMISCHE MUSIK II wird sich mit den Jahren 1985-2005 auseinander setzen.
MiDi BiTCH zelebriert auf KOSMISCHE MUSIK I weiterhin sein ganz eigenes musikalisches Universum aus 70er Synthesizer Flächen und eigenwilligen Melodien zwischen Klaus Schulze, Tangerine Dream, Jean-Michel Jarre, Kraftwerk und Vangelis.
Irgendwo zwischen Düsseldorf und Berlin im Niemandsland liegt Osnabrück und da schraubt MiDi BiTCH das eigene Elektronik-Kraut-Süppchen.
Hier klicken, um den Inhalt von Spotify anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von Spotify.
MiDi BiTCH – Kosmische Musik I GENRE: ELEKTRO-KRAUT – KOSMISCHE MUSIK
DIGITAL DOWNLOAD BANDCAMP | 6 TRACKS OUT 04.01.2020
Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen und kurz vor 2020 erscheint das Album „Kosmischer Reiter“ von Frza aka M!D!B!TCH. Weiter geht die kosmische Reise, gestartet im Orbit weiter in die Tiefen des Universums.
Das Jahr 2019 dürfte für Midi Bitch eines der produktivsten bis dato sein.
Mit „Kosmischer Reiter“ erscheint nun innerhalb der letzten 12 Monate das 7 Teil in dem kosmischen Puzzle des deutschen Elektronik-Tüftlers .
Irgendwo in den Untiefen zwischen der Berliner-Schule im Sinne von Klaus Schulze und Tangerine Dream und Retro-Synthwave bewegt sich das kosmische Kraut Projekt und laviert stilsicher durch Galaxien, Milchstrassen und Asteroidenfelder der menschlichen Psyche.
Der Mikrokosmos wird zum Makrokosmos und die Reise ins Universum ist auch immer die Reise in unser eigenes Ich, an die inneren Abgründe und in die Nebelfelder der menschlichen Existenz.
Reden ist Schweigen und Silber ist Gold!
Hier können die insgesamt 10 Tracks des im Dezember auf Bandcamp erscheinenden Albums „Kosmischer Reiter“ vorab gehört werden:
Hier klicken, um den Inhalt von bandcamp.com anzuzeigen
Passend zu den psychedelisch, krautig anmutenden Klängen sind auf einem eigenen YT-Kanal stimmige Video und Visuals zu finden und auf jeden Fall mehr als einen Blck wert: YouTube MidiBitch
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
Tipp: aktuell ist die komplette Discografie von aktuell über 14 Alben von M!D!B!TCH bei Bandcamp mit einem Rabatt von 40% erhältlich: https://midibitch.bandcamp.com/
Epische Soundpatterns und Drone-Flächen bestimmen den knapp 20-Minütigen Opener des Albums „Kosmischer Nebel“ von M!D!B!TCH.
Zwischen Arpeggios der Berliner Schule und Synthflächen die dem Synthwave-Universum entsprungen sind, ist das aktuelle Release zu verorten und setzt nahtlos dort an wo sich der Musiker aus dem Norden Deutschlands sichtlich am liebsten bewegt, dem synthetisch-elektronischen Klangkosmos, welchen er selber gerne als kosmische Musik tituliert.
Der ehemalige Sankt Otten Keyboarder scheint im Jahr 2019 eine wahre Veröffentlichungs-Eruption hinzulegen. Mittlerweile das 7. Release in diesem Jahr, nachdem seit über 10 Jahren nichts von Ihm zu hören war.
Die frühen Werke aus den 1990er, welche eher als „Krawall und Remmidemmi – Rumpel-Elektro-Core“ zu verstehen sind, zeichneten sich doch durch eine gewisse produktionstechnische Limitierung und viel Spaß an kranken Sounds aus, wodurch sie sehr am Geduldsfaden des Hörers nagten, haben nicht mehr viel gemein mit dem was inzwischen von FRZA produziert wird.
Wenn doch bei vielen Bands und Künstlern die Formel „das erste Album war das beste“ eine gewisse Gültigkeit hat, scheint die Entwicklung bei MIDIBITCH eher diametral zu sein.
Von Album zu Album reifte der Sound und die Strukturen. Zunehmend gestalten sich die Songs sphärisch, meditativer und verstehen es den Hörer in den Kosmos des Künstlers mitzunehmen. Dennoch sind die musikalischen Ideen weiterhin jenseits aller Trends und des aktuellen Mainstreams und verschließen sich der allgemeinen Erwartungshaltung.
MidiBitch ist und bleibt ein Sonderling, ein Alien der sich seinen Hörern mitteilen und weniger Erwartungen bedienen will.
Hier klicken, um den Inhalt von bandcamp.com anzuzeigen
Hier klicken, um den Inhalt von bandcamp.com anzuzeigen
Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.
Soeben erschien als digitaler Download bei Bandcamp das Album „Kosmos Klaus“ von Midibitch.
Ursprünglich sollte sich das Release mit der Kunst der Rezitation des vor 28 Jahren verstorbenen Schauspielers Klaus Kinski auseinandersetzen. Doch letzendlich wurde überraschend auf den stimmliche Beitrag von Kinski verzichtet. Das wollten wir genauer wissen und fragten nach. Zu den Hintergründen äußert sich Midibitch aka FRZA in einem per Chat geführten Interview.
Vorab für diejenigen, denen Kinski nur aus Parodien und YouTube-Schnipseln bekannt ist, ein paar Fakten: Klaus Kinski wurde 1926 als Klaus Günter Karl Nakszynski in Danzig geboren. Er ist der Vater von Pola, Nastassja und Nikolai Kinski.
Kinski war auf die Darstellung psychopathischer und getriebener Figuren spezialisiert und zählte in diesem Rollenfach auch international zu den gefragtesten Filmschauspielern. Als künstlerisch herausragend gilt seine jahrelange Zusammenarbeit mit dem deutschen Regisseur Werner Herzog, der ihn in Filmen wie Nosferatu – Phantom der Nacht, Aguirre, der Zorn Gottes und Fitzcarraldo engagierte.
International bekannt war Klaus Kinski zuvor durch Rollen in Edgar-Wallace-Filmen und Italowestern geworden. Kinski galt als schwierige und zu extremen Gefühls- und Wutausbrüchen neigende Persönlichkeit. Er verstarb 1991 in den USA. https://de.wikipedia.org/wiki/Klaus_Kinski
Wie kam es dazu ein Album über bzw. mit Kinski zu machen?
Midibitch: Der Schauspieler und Rezitator Klaus Kinski war einzigartig. Ich wurde als Kind der 70er durch die fantastischen Filme in denen er mitwirkte geprägt und habe Ende der 1970er in meiner Zeit im Internat auch sein Buch „Ich bin so wild nach Deinem Erdbeermund“ gelesen, welches aufgrund der sexuellen, angeblich autobiografischen Protzereien zwischen uns pubertierenden Jungs unter der Hand weitergegeben wurde.
Er war ein extremst guter Schauspieler und sprachlich ein Titan. Jedes Wort ein Donnerschlag, selbst das leiseste Wispern verständlich artikuliert. Nie wieder habe ich eine derartige sprachliche Perfektion gehört. Hinzu kam seine optische Präsenz, der Blick, sein Beben und omnipräsente Körperlichkeit. Ein Meister seines Fachs. Viele fokusieren Ihre Wahrnehmung auf den Schäumenden, den irre Schreienden und Tyrannischen. Dies war aber nur eine, wenn auch sehr laute Facette seines Schaffens.
Sein Ausspruch „Du dumme Sau, du!“ ist mittlerweile Allgemeingut und Teil der Popkultur. Kinski war aber viel mehr und konnte auch viel mehr. Gerade seine Rezitationen zeigen das auf beeindruckende Weise.
Er hat den Künstler als Dämon, den Schaffenden als Zerrissenen, den Schauspieler als Grenzgänger nicht einfach verkörpert, er hat all diese Rollen in intensiver Mischung vorgelebt. Wer ihm zusah, konnte sich am Exzess laben und konnte froh sein, diesem Entgrenzten nicht leibhaftig gegenübertreten zu müssen. Er spielte nicht nur Rollen, er lebte Emotionen aus und verkörperte vor allem den Zwiespalt von Kunst und Moral.
Und genau diese Seite wollte ich im Kontext meiner kosmischen Musik zeigen.
Wieso erschien nun das Album „Kosmos Klaus“ ganz ohne Klaus Kinskis Beteiligung?
Midibitch: Das hat unter anderem einen rechtlichen Hintergrund. Seine Rezitationen die auf Tonträgern verfügbar sind unterliegen dem Urheberrecht. Auch wenn die von Ihm vorgetragenen Werke aufgrund ihres Alters mittlerweile gemeinfrei sind und von jedermann genutzt werden dürfen, trifft dies eben nicht auf die Sprachaufnahmen zu. Es war leider bisher nicht möglich hierfür Nutzungsrechte von der Plattenfirma Universal zu bekommen. Mittlerweile bin ich mir auch nicht mehr so sicher, ob ich Klaus Kinski eine Bühne in meiner Musik bieten möchte, insbesondere wenn dies hohe Lizenzzahlungen an zur Folge hat, die ich als Independent-Musiker nicht ohne weiteres stemmen kann.
Inwiefern spielen die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs seiner Tochter gegenüber Klaus Kinski eine Rolle?
Midibitch: Auf jeden Fall eine sehr große. Wie verhalten sich Kunst und Moral? Der Konflikt zwischen Kunst und Moral manifestiert sich im Leben vieler Künstler. Bei Klaus Kinski kam man nicht umhin diesen zu bemerken, es war geradezu programmatisch. Zetern und toben, vom dringlichen Flüstern bis zum speichelfliegenden Brüllen, jammern und wüten, schluchzen und flüstern: Klaus Kinski war ein herausragender Dasteller der menschlichen Extreme und Abgründe.
Dennoch gibt es definitiv Grenzen. Sie sind dort, wo Verbrechen geschehen und Menschen zu Opfern werden. Der Missbrauch, den seine Tochter Pola Kinski schildert, gehört in diesen Gegenstandsbereich. Der Mensch Klaus Kinski hat, laut seiner Tochter, das Abscheulichste begangen was vorstellbar ist: sexuellen Missbrauch am eigenen Kind.
Damit bekommt das Entgrenzte, das Abgründige in Kinskis Kunst ein faulig-reales Aroma.
Die Realität und die Taten von Kinski sind offensichtlich hässlicher als alles, was er jemals im Film verkörpert hat.
In mir war der Wunsch groß, die Biografie, seine Taten vom künstlerischen Schaffen zu trennen. Glaubt man dem Opfer, stellt man fest, dass diese Form der Betrachtung nicht funktioniert: Der Berserker Kinski war Realität. Der Verbrecher offenbar auch.
Als Du mit dem Projekt begonnen hast waren Dir die Vorwürfe nicht päsent?
Midibitch: In der Tat ist das ein Phänomen. Natürlich habe ich 2013 durch die Medien von den Vorwürfen Pola Kinskis gegenüber Ihrem Vater erfahren und war damals sehr erschrocken, wenn nicht fassunglos. Leider scheint man dazu zu neigen, dass was nicht sein darf wegzuschieben und zu beschließen, dass man die Dinge trennen kann.
Nahezu 5 Jahre später, als ich mich mit den ersten Planungen zu dem Projekt auseinandersetzte, hatte ich so viel Abstand, dass der Schleier des Vergessens die Oberhand gewonnen hatte. So nach dem Motto: „ja aber die Kunst des Titan Kinski ist so epochal und einzigartig, das lass ich mir nicht kaputt machen“.
Im Laufe des Produktionsprozesses beschlich mich zunehmend ein ungutes Gefühl. Ich begann langsam einen Schmerz zu spüren, den man vermutlich erfährt, wenn der Täter Kinski weiter auf einen Sockel eines Heiligen gehoben wird und das Verbrechen abkoppelt, um der Kunst und des Vergnügen willen.
Ich war bereits mit dem Projekt nahezu durch und habe erst beim Mastering-Prozess realisiert, dass ich trotz aller Begeisterung für den Künstler Klaus Kinski und seiner einzigartigen Rezitationskunst, einem Sexualstraftäter nicht eine Bühne bieten kann, ohne dabei ein mehr als mieses Gefühl zu haben.
Aus diesen Gedanken, Überlegungen und Gründen werden wir das Album ohne die Rezitationen von Klaus Kinski veröffentlichen und sämtliche Einnahmen aus diesem Projekt an die Organisation Dunkelziffer e.V. spenden um deren Arbeit zu unterstützen.
Was können wir in Zukunft noch von Dir erwarten?
Midibitch: Nach dem Album ist vor dem Album. Aktuell arbeite ich an der EP „Kosmischer Nebel“, die noch in diesem Jahr erscheinen wird und die ich aktuell abmische. Die Songs bewegen sich wieder mehr in der Tradition der Berliner Schule von Klaus Schulze, Bernd Kistenmacher, Peter Baumann, Adalbert von Deyen und Tangerine Dream. Eigentlich bin ich in den letzten Jahren permanent dabei neue Ideen auszuprobieren und den Weg, den ich eingeschlagen habe, weiter zu gehen, um eines Tages ein Album zu produzieren, welches mein letztes sein wird, weil es dem angepeilten Zielbild meiner kosmischen Musik entspricht. Das wird aber, sagen wir es mal vorsichtig, noch ein wenig dauern…
Vielen Dank für das Interview.
MidiBitch: Sehr gerne, ich habe zu danken.
Hier klicken, um den Inhalt von bandcamp.com anzuzeigen