Oswald Kolle Sexreport

Interview mit Oswalt Kolle

„Wir glauben heute, frei von Zwängen und Verklemmtheit zu sein“, so der Aufklärer Oswalt Kolle. „Aber auch unsere Zeit hat ihre Tabuthemen. Deshalb freue ich mich, bei dieser Doku mitzuwirken. Sie hat das Potenzial, die Auseinandersetzung mit unserer persönlichen Sexualität neu anzustoßen. Wer guten Sex haben will, muss darüber sprechen – immer und immer wieder.“ Oswalt Kolle

Oswald Kolle Sexreport
Oswald Kolle im Interview
1. Wie wurde in Ihrem Elternhaus mit Sexualität umgegangen?
O.K.: Mein Vater war Psychiater und er sagte oft: „Wir Psychiater müssen die Neurosen behandeln, die eine sexuell verkrüppelten Gesellschaft hervorgebracht hat.“ Deswegen hat er meinen Bruder und mich außerordentlich tolerant und offen erzogen.

2. Wer hat Sie aufgeklärt?
O.K.: Ein Freund meines Vaters, Prof. Schulz. Der Mann übrigens, der das autogene Training erfunden hat. Er hat uns klar gesagt, was Sache ist. Mein Vater war zu der Zeit im Krieg.

3. Was war die Einstellung zur Sexualität, als Sie anfingen, mit dem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen?
O.K.: Ende der 50er-Jahre lebten die meisten Menschen eine fantasielose, erdrückende Sexualität. Alles, was von der Missionarsstellung abwich, galt als pervers. Unverheiratete durften nicht gemeinsam in einem Zimmer Übernachten, und Kondome nur an Ehepaare verkauft werden. Frauen hatten Angst, dem Mann ihre sexuelle Lust zu zeigen. Die gängige Meinung war damals: Frauen hatten keine Lust! Frauen haben das ertragen. Männer hatten Lust.

4. Was war ihre erste Veröffentlichung zum Thema Sexualität?
O.K.: 1957 habe ich eine Serie in der Berliner B.Z. geschrieben. Es ging um ein junges Paar, das sich fragt: „Sollen wir miteinander schlafen und wenn ja, wie verhindern wir, dass ein ungewolltes Kind entsteht?“ Das war ein Thema, was mich als jungen Mann natürlich auch beschäftigt hat. Es gab einen Skandal innerhalb des Hauses Ullstein. Der alte Herr Ullstein hat die Geschichte als Schweinerei bezeichnet.

5. Was hat sie dazu gebracht, trotzdem weiterzumachen?
O.K.: Die Reaktion der Leser. Auf eine Serie über den Mann, die ich in der XY veröffentlicht habe, bekam ich knapp 40.000 Briefe, vor allem aber von Frauen, die ihren Frust über ihr unerfülltes Sexualleben ausgedrückt haben. Die meisten Männer wussten nicht, wie man einer Frau im Bett Lust bereitet. Kein Wunder, denn die wenigsten Frauen kannten ihren eigenen Körper gut genug, um den Männer das erzählen zu können. Da wusste ich: das muss sich ändern – um jeden Preis.

6. Wie kamen Sie dazu, Ihre heute legendären Aufklärungs-Filme zu machen?
O.K.: Ich habe festegestellt, dass meine Artikel über Sexualität hauptsächlich von Frauen gelesen werden. Da dachte ich mir: Mach’ Filme. In Filme gehen Frauen und Männer eher zusammen.

7. Sind Sie der Meinung, dass mit der sexuellen Befreiung der Frau auch die Sexualität des Mannes an Qualität gewonnen hat?
Mit einer Frau zu schlafen, die offensichtlich Spaß daran hat, ist natürlich auch für den Mann befriedigender, als mit einer Partnerin im Bett zu sein, die den Akt nur erduldet. Ich bin mir sicher, dass Sex mit einer selbstbewussten und lustvollen Frau die allermeisten Männer viel mehr antörnt.

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8. Wie sehen Sie die sexuelle Entwicklung der letzten 40 Jahre? Was hat sich verändert?

O.K.: Wir reden offener, wir sind toleranter. Das Miteinander zwischen Männern und Frauen klappt besser, als ich es mir je vorgestellt hätte.

9. Welchen Einfluss haben moderne Medien wie Fernsehen und Internet Ihrer Meinung nach auf unsere Sexualität?
O.K.: Es wird viel Unsinn über Sexualität erzählt und über die modernen Medien verbreitet sich dieser Unsinn schneller als es vor 40 Jahren der Fall gewesen wäre. Aber zum Glück verbreiten sich die guten, informativen Beiträge zu diesem Thema genauso schnell – und das ist ein durchaus positiver Effekt. Jeder kann ja selbst entscheiden, was er sich in Fernsehen und Internet ansieht.

10. Ihre Prognose: Wie wird unser Sex in 20 Jahren aussehen?
O.K.: Ich hoffe noch schöner, noch lebendiger, noch fantasievoller als heute.

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