Jens Friebe - Foto: Max Zerrahn

Glamrock und Pop-Penetration

Vier Jahre sind seit dem letzten Jens Friebe Album „Nackte Angst zieh dich an wir gehen aus“ vergangen. Damals gab es noch keinen US-Präsidenten Trump, keine AfD im Bundestag und in Deutschland spielte Musik-Streaming noch kaum eine Rolle. Auch Daniel Josefsohn lebte noch, der hatte schließlich das Cover zum letzten Friebe-Album gestaltet.

Jens Friebe - Foto: Max Zerrahn
Jens Friebe – Foto: Max Zerrahn
Ja, wäre man damals in ein Koma gefallen und heute wieder erwacht, es gäbe tatsächlich eine ganze Menge Hashtags aufzuarbeiten.

Fuck Penetration heisst die neue Friebe, die heute erscheint und er hat sie wieder zusammen mit Chris Imler und Berend Intelmann aufgenommen. Einen Damenchor gibt es auch. Und erstaunlich viele englische Vokabeln im Songbook.

Friebe singt auf diesem Album gegen den Phallus im Pop! Against the penis in pop!

Ja, „wer will hier gefickt werden“, sang Sab Janoh vor einer halben Ewigkeit auf der ersten Pudel Produkte EP. Und Das ist Alpha! heißt die aktuelle Handlungsanweisung von Kollegah für alle Lauchs, die man vor The Whitest Boy Alive und Phoenix-Alben noch Nerds nannte. Wie sie lesen können: Wir sind schon etwas länger im Geschäft.

Am Patriarchat im Pop von Festivallandschaft bis Streaming-Playlisten hat sich seit unserem Antritt in Indiehausen doch recht wenig verändert.
Aber immerhin wird lauter drüber nachgedacht. Wenn zum Beispiel bei einem Preis für Popkultur in Berlin plötzlich auffällt, das eigentlich nur Männer nominiert sind, oder wenn bei einer Charity-Veranstaltung mal wieder keine einzige Frau auftritt…

Weiter setzt sich Jens Friebe auf Fuck Penetration für einen positiven Wissenschaftsbegriff ein!

„I see the future and it works“, um einfach mal Prince zu zitieren.
Nun, funky ist die neue Friebe weniger. Eher Glam-rockig. Pompös, Feder-Boa…

Ja, wir sollten nicht vergessen, das der Rock, den heute etwa noch Udo Lindenberg spielen lässt, seine Wurzeln auch in wie man heute sagen würde queeren Gefilden hatte.

Auch wenn Simon Reynolds in seinem lesenswerten Buch über Glamrock doch sehr viel Kalkül auf Produzentenseite nachweisen konnte was den Look der angesagtesten Glamrockbands anging.
Waren also doch alles nur dauergewellte Männer mit Schwänzen auf Penetrationsboogie.

Naja, nicht alle. Aber die meisten doch schon…

Bowie, T-Rex oder Roxy Music lassen wir uns natürlich trotzdem nicht vermiesen. Da kann die Telekom noch so viele schreckliche Veranstaltungen mit Bryan Ferry veranstalten. Aber hey: Ferry findet dank Babylon Berlin längst auch meine Schwiegermutter gut!

Zurück zum Friebe, den kennt sie noch nicht… Also: Liebe Schwiergermutter! Jens Friebe entlarvt auf Fuck Penetration den Begriff der Queerness als Modebegriff, auch wenn er das selbst so nie sagen würde. Klar, er weiß vor allem um die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs, und wie vielen Menschen er in einem unmarked space eine Form von Identität gab. Besser gesagt: Einen begrifflichen Raum zur Nicht-Festlegung von Identität.

Aber wir sprachen ja gerade schon über Lindenberg und co. Die Aneignung von Styles im Penis-Mainstream im Tempo der Neoliberalität ist eben immer nur eine Barcodeziffer weit vom nächsten Beststeller entfernt!

Dennoch: Wir wollen heute dieses Produkt ausgiebig feiern! Mit Barcode, Stefan Pabst of Ja, Panik-Fame-Cover, tollen Imler-Features und ein paar Friebe-Songs für die Ewigkeit!
Zum Beispiel den Titelsong:

Jens Friebe – F*** Penetration
Die offizielle Release-Party dann bei der nächsten Flittchenbar am 10.11. im Südblock in Berlin.
Große Fuck Penetration Tournee dann im Januar! Sie finden die Termine bei uns im Internet.

Eure: Comebacks. https://www.staatsakt.com/ | https://twitter.com/jens_friebe